In der (deutschen) Hochschullandschaft läuft etwas falsch. Einiges, um ehrlich zu sein. Und die Analyse dessen ist wichtig um zu wissen, warum und wo wir ansetzen wollen mit unserem Studiengangsprojekt. Seit der Bologna Reform hat das Studium das Ziel der „Pflege der Wissenschaften“ und der „Vorbereitung auf den Beruf“, Vorbereitung also in der Wirtschaft zu funktionieren. Dabei ist doch Bildung etwas, das in sich erst einmal zweckfrei ist. Bildung um der Bildung willen. Die strenge Ausrichtung auf den Beruf macht aus Bildung einen Wissens- und Fähigkeitenerwerb, eine Aus-Bildung, die beschnitten, einseitig und vorbestimmt ist. Das ist nicht der Bildungsgang, den wir uns vorstellen. Wie sieht eine Bildung aus, die den Mensch in den Mittelpunkt stellt und nicht seine spätere Tätigkeit? Wie kann sie nicht stagnieren, sondern sich an der Dynamik der Welt und des einzelnen Individuums orientieren? – Das sind die Fragen, die die Hochschule heute braucht. Und nicht etwa die, wie es geht Studierende möglichst schnell und effizient durch ein System zu schleusen und zu ausgebildeten Berufstätigen zu machen. Ein weiterer Punkt, der besonders stark in der Schule, also Grund- und weiterführender Schule, aber eben auch an der Universität zu erkennen ist, ist der der Machtverhältnisse. Schule und Universität sind wie eine Planwirtschaft festgeschrieben. Fremdbestimmt von Lehrplänen, Lehrer*innen, später Modulplänen, Credits und Fristen. Wie sollen junge Menschen auf diese Weise lernen, was es bedeutet in einer Demokratie als verantwortliche Bürger*innen zu leben? Selbstbestimmung und echte Verantwortungsübernahme finden in der Schule annähernd gar nicht und im Studium im kleinen Rahmen ihren Platz. Doch genau diese Qualitäten braucht es, dass Menschen ein Leben führen können, das gut tut – ihnen selbst und auch der Gesellschaft. Es ist kein Wunder und noch weniger Zufall, dass wir heute in einer Welt leben, in der kapitalistische und Profitinteressen über allem stehen und in der sich kolossale Ungerechtigkeiten etabliert haben. Kinder und Jugendliche sind in einem System der Konkurrenz statt der Kooperation aufgewachsen, wurden an ihren Leistungen gemessen und haben nie gelernt, was es bedeutet selbst die eigene Lebensrealität zu gestalten. Und genau das muss sich ändern. Gerade in den letzten Jahr(zehnt)en hat sich unfassbar viel verändert. So viel, dass wir von einer neuen Epoche sprechen: dem Anthropozän. Dieses ist geprägt durch rapide Veränderungen und noch größere Herausforderungen. Die Universität jedoch ist alt und auch ihre Inhalte oft verkrustet. Gerade in dieser schnelllebigen Zeit ist ein flexibles und stark entwicklungs- und lernfähiges Bildungssystem elementar wichtig um den Realitätsanspruch im Hörsaal nicht zu verlieren. Digitalisierung, Klimakrise, Migrationsbewegungen – um nur ein paar zu nennen – sind unfassbare Herausforderungen und Faktoren, die uns zur Transformation in allen Sektoren zwingen – Transformation by design oder by desaster. Genau auf diese Herausforderungen in Zukunft und Gegenwart muss sich auch die Hochschullandschaft einstellen und darauf vorbereiten. Es ist jetzt wichtig, dass Menschen Fähigkeiten erlangen, wie Wandel funktioniert, wie mit diesen Problemen umgegangen werden kann und nicht weiter in ihren Studienfächern auf eine Zukunft vorbereitet werden, die es so nicht geben wird.
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